AV-Produktion

Bavaria Studios - Arbeitgeber fordert Verschlechterungen für den Dekorationsbau

(München, 17. Juni 2011) Die Geschäftsführung der Bavaria Studios und Production Services GmbH (BSPS) ist auf ver.di zugegangen und fordert die Gehälter, Urlaubstage und Zuschläge der Dekorationsbauer massiv abzusenken. Die Geschäftsführung begründete ihre Forderungen mit den Veränderungen des Marktes und dem Wunsch nach Kostenoptimierung. Als Gegenleistung bot die Geschäftsführung einen zeitlich befristeten Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bzw. Komplettschließung des Dekorationsbaus für zwei Jahre an. Das Unternehmen hat zum 31.1.2010 einen Jahresüberschuss von 1,0 Mio. € und zum 31.1.2009 von 0,95 Mio. € erwirtschaftet. Die Gesellschafter des Unternehmens sind das ZDF, die Bavaria Film GmbH und die Landesförderbank Bayern.

Der Arbeitgeber plant die folgenden Kürzungen:

13. Monatsgehalt/ Urlaubsgeld/ Sommer-geld/Fahrgeld
„Unsere Vorstellung ist, dass man die laufenden monatlichen Bezüge unverändert beläßt. Allerdings behalten wir es für vertretbar über die Zusatzentgelder (13.Monatsgehalt, Urlaubsgeld und Sommergeld und Fahrgeld) zu sprechen.“

(Anmerkungen von ver.di: Es gibt im Juni 320,25 € und im November des Jahres ein 13.Tarifgehalt. Das Fahrgeld steht den wenigen ehemaligen Beschäftigten des frühere Tochterunternehmens des ZDF namens Fernsehstudio München Atelierbetriebs GmbH (1966–1997) zu.)

Wochenarbeitszeit
„Unsere Wettbewerber arbeiten alle auf Basis einer mindestens 40 Std./Woche. Eine Zusatzarbeitszeit von 2 h/Woche bedeutet aus unserer Sicht keinen unmittelbaren Verlust von Einkommen. Dies halten wir angesichts der Gesamtsituation für vertretbar.“

(Anmerkungen von ver.di: Die KollegInnen arbeiten wenn es brummt bis zu 50 Std./Woche. Da schaut keiner auf die Uhr. Aber umsonst 2 Stunden/Woche arbeiten?)

Jahresurlaub
„Gesetzlich besteht ein Anspruch auf 24 Urlaubstage/Jahr. Laut Tarifvertrag. Besteht bei Bavaria Studios ein Urlaubsanspruch von 3o Tagen/Jahr zzgl. je 1 Tag für Weihnachten und Silvester, also defacto 32 Urlaubstage/Jahr. Wir schlagen einen Urlaubsanspruch von 26 Tagen + 2/Jahr vor. Aus unserer Sicht stellt der Verzicht von 2 Tagen Jahresurlaub keinen unmittelbaren Verlust von Einkommen dar und wir halten das angesichts der Gesamtsituation für vertretbar."

(Anmerkungen von ver.di: Hier verrechnet sich die Geschäftsführung: 30 – 4 sind 26, d.h. der Arbeitgeber will 4 Urlaubstage kürzen.)

Künftige Tarifsteigerung
"Wir schlagen vor, dass bei künftigen Tarifstei-gerungen im VTFF diese für den Bereich Dekorationsbau bis auf weiteres nicht weiter-gegeben werden. Hierbei handelt es sich um keine unmittelbare Reduzierung des bestehenden Gehalts, so dass wir dies für vertretbar halten."

(Anmerkung von ver.di: Wenn keine Gehaltserhöhung kommt, dann wird das Gehalt durch die durchschnittliche Inflationsrate von 2,4 % bis 2,6 % in 2011, aktuelle Schätzung der Institute, unmittelbar immer weniger wert).

Jahresarbeitszeitkonto
"Um Schwankungen bei Auftragslage besser ausgleichen zu können, schlagen wir ein Jahresarbeitszeitkonto vor. Im Sinne einer Gleichbehandlung zur BPS schlagen wir die Regelung, die bereits zwischen ver.di und BPS auf tariflicher Basis getroffen wurde, vor."

(Anmerkung von ver.di: Es gibt kein Jahresarbeitszeitkonten bei dem Tochterunternehmen Bavaria Production Services GmbH in Geiselgasteig. Der Tarifvertrag VTFF ermöglicht ein Arbeitszeitkonto, dass ein Negativsaldo bis zu 165 Std. vorsieht. Überschreitet das Zeitkonto im Verlauf eines 12- Monatszeitraums ein Zeitguthaben von 165 Stunden, erfolgt auf Antrag des Arbeitnehmers ein Übertrag der Überschreitungsstunden in das unbegrenzte Zeitkonto 2- Superflexibel !)

Zuschläge
"Hier möchten wir mit Ihnen branchenübliche Zuschläge diskutieren, wie z.B. bei der Bavaria Tochter Bremedia bereits mit ver.di und Bavaria vereinbart wurden. Diese sind z.B. Mehrarbeit 25 %, Nachtzuschlag 25 %, Sonntagszuschlag 35 %, Feiertag 100%."

(ver.di Anmerkung: Man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Die Bremedia Produktion GmbH ist die ausgegliederte privatisierte TV- und Hörfunk-Produktion der öffentlichen rechtlichen Rundfunkanstalt Radio Bremen. Die Bavaria Film GmbH hält 51 % an der Auslagerung der öffentlich-rechtlichen Anstalt. Die niedrigeren Zuschläge für die Sonderzeiten bei der Bremedia gleichen sich durch die leicht höheren Gehälter dort wieder aus.

ver.di hat prompt reagiert und den Arbeitgeber um die Einsichtnahme in die wirtschaftlichen Unterlagen gebeten, um sich selbst von der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit der Kürzungen der Tarifleistungen zu überzeugen. Dies lehnt die Geschäftsführung aber mit dem Argument ab, dass „unnötigen Hürden“ für ein Gespräch aufgebaut würden. Vielmehr droht jetzt die Geschäftsführung der BSPS statt zu verhandeln und Transparenz wird auch nicht geleistet. Die Arbeitgeber kündigen an, dass zeitnahe Entscheidungen zu treffen sind und teilen mit, dass drei Optionen im Raum stehen: Aufgabe des Betriebs, Verselbständigung in eine eigene Firma oder Weiterführung des Betriebs in den Bavaria Studios.

Faire Verhandlungen setzen einen von Anfang an fairen Umgang miteinander voraus, dazu ist die Geschäftsführung der Bavaria Studios bisher nicht bereit. Wenn die Drohungen und Vergiftung der Tonlage nicht zurück genommen werden, dann wird sich die gut organisierte Belegschaft zu wehren wissen.

ver.di wird nun eine Mitgliederversammlung Anfang Juli 2011 einberufen und die Situation mit den Mitgliedern besprechen. Die Mitglieder entscheiden über Ihre Arbeitsbedingungen und Tarifverträge. Der Betrieb ist fast zu 100% organisiert.

(Jörg Reichel)


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