Der neue Rundfunkbeitrag soll laut einem Gutachten verfassungswidrig sein. ver.di erklärt, warum eine Unterstützung der neugeordneten Rundfunkfinanzierung wichtig ist

(ver.di FilmUnion-Newsletter 1/2013) Gemäß eines juristischen Gutachtens, das der Handelsverband HDE in Auftrag gegeben hatte, verstößt der neue Rundfunkbeitrag gegen das Grundgesetz. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete Ende Januar über dieses Gutachten. Für ver.di hingegen, wo man die Neuordnung des Rundfunkbeitrages unterstützte, gibt es keine Alternative zu der seit Januar geltenden Regel. Auch ARD, ZDF und Deutschlandradio wehren sich gegen die Kritik an dieser Neuregelung.
Das Gutachten verfasste der Verfassungsrechtler Christoph Degenhart aus Leipzig. Er kommt darin zum Ergebnis, dass der Rundfunkbeitrag die Artikel 2 und 3 des Grundgesetzes verletze, da er in die Handlungsfreiheit der Unternehmen eingreife. Außerdem sei er nicht mit dem Gleichheitsgebot vereinbar. Da es sich dem Wesen nach um eine Steuer und nicht um einen "Beitrag" handele, fehle es den Bundesländern, die den Beitragsstaatsvertrag verabschiedet haben, an der Gesetzgebungskompetenz. Der Rundfunkbeitrag sei formell und materiell verfassungswidrig.

Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer der HDE, sagte im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen": "Das Gutachten bestätigt uns in der Auffassung, dass das neue System zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dringend erneut überarbeitet werden muss". Es bestehe "dringender Handlungsbedarf". Der Verband fordere ein gerechtes Beitragssystem ohne zusätzliche Belastungen im Vergleich zur alten Beitragsordnung

ver.di hatte die Neuordnung der Rundfunkfinanzierung unterstützt. Denn durch die stetig fortschreitende Konvergenz ist die bisherige geräteabhängig erhobene Rundfunkgebühr längst an ihre Umsetzungsgrenzen gelangt. Erinnert sei exemplarisch an die anhaltenden Streitigkeiten um die Gebührenpflicht für neuartige Rundfunkempfangsgeräte (»PC-Gebühr«, Smartphones etc.). Mit dem neuen Rundfunkbeitrag wird nun nur noch ein Beitrag pro Wohnung fällig – unabhängig von der Art der Empfangsgeräte.

Wichtig bei der Reform war ver.di, dass auch die neue Form der Rundfunkfinanzierung nicht zu Lasten der öffentlich-rechtlichen Anstalten gehen darf und aufkommensneutral erfolgen muss. Wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch in Zukunft seinem staatsvertraglich vorgeschriebenen Auftrag nach Bildung, Information, Beratung, Unterhaltung und Kultur nachkommen soll, muss er auch künftig ausreichend finanziert sein. Das künftige Beitragsaufkommen muss also daran gemessen werden, dass es aufkommensneutral ist und die Anstalten weiterhin in die Lage versetzt, ihrem Auftrag nachzukommen.
Zudem hat ver.di darauf gedrängt, dass auch die Unternehmen weiterhin ihren Anteil an der Rundfunkfinanzierung leisten, der derzeit bei neun Prozent des Gebührenaufkommens liegt. Mittels einer Staffelung nach Betriebsgröße (Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten) wird auch in Zukunft die Wirtschaft angemessen zur Finanzierung beitragen.
Die neue Rundfunkfinanzierung schafft mehr Klarheit und Transparenz. Eine stärkere Akzeptanz in der Gesellschaft aber wird auch diese nur finden, wenn die öffentlich-rechtlichen Anstalten ihrem Auftrag nachkommen und mit einem qualitativ hochwertigen Programmangebot ihre Zuschauerinnen und Zuschauer sowie Hörerinnen und Hörer überzeugen. Hierfür wird sich auch ver.di weiterhin einsetzen – in der medienpolitischen Arbeit genauso wie über die von ver.di entsandten Vertreterinnen und Vertreter in den Rundfunkgremien.

ARD, ZDF und Deutschlandradio wehren sich gegen die Kritik am neuen Rundfunkbeitrag. So erklärte der Bayerische Rundfunk (BR) kürzlich, dass die Wirtschaft voraussichtlich durch den Rundfunkbeitrag insgesamt weniger belastet werde als durch die bisherige Rundfunkgebühr. "Für schätzungsweise mehr als 70 Prozent aller Betriebe wird lediglich ein Drittelbeitrag von 5,99 EUR anfallen, mit dem auch ein geschäftlich genutztes Kraftfahrzeug abgedeckt ist", so die Schätzungen des BR. Der scheidende Chef der Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz, Martin Stadelmaier, der bei der Einführung des neuen Rundfunkbeitrags federführend wirkte, sagte im NDR-Fernsehen, die Politik habe "keine Fehler gemacht", die Wirtschaft profitiere insgesamt erheblich. Er sei zuversichtlich, dass das neue Gebührenmodell "juristisch standhalten" werde.



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