Film & Fernsehen

Über „Buddenbrooks“ zu neuen Regeln zwischen Ausstrahlung im TV und Kino?

(BFV-Newsletter 09/2009) Volker Herres ist verärgert. Der Programmdirektor der ARD hätte mit der aufwändigen Adaption der „Buddenbrooks“ durch Heinrich Breloer gerne ein Highlight im Weihnachtsprogramm 2009 gesetzt. So war es seit Monaten angekündigt. In dieser Woche machte das Erste einen Rückzieher. „Da die Auswertung im Kino bisher so erfolgreich war, wollte der Verleih einer Verkürzung der Auswertung im Kino und auf DVD nicht zustimmen. Die Fernsehrechte können erst nach Ablauf des exklusiven Zeitfensters genutzt werden.“

Das heißt nach 18 Monaten. So will es das Filmförderungsgesetz. Sechs Monate nach Kinopremiere kann die DVD auf den Markt gebracht werden. Nach einem Jahr darf das Pay-TV ausstrahlen und nach 18 Monaten erstmals das Free-TV. Verkürzungen des Zeitfensters sind möglich, wenn der Produzent einen Antrag bei der Film-Förderungsanstalt stellt. So hat die ARD für ihre hohe finanzielle Beteiligung das Exklusivsendesrecht nach 12 Monaten für „Der Untergang“ bekommen. Eine Pay-TV-Ausstrahlung entfiel.

Warum müssen aber Anträge gestellt werden? Und warum sind wir abhängig von den Entscheidungen von Produzent und Verleih, mag sich manch Verantwortlicher in den Chefetagen der Sender denken. Wir sind die Letzten in der Verwertungskette und müssen umdisponieren, wenn Verleiher die Starttermine um einige Monate hinausschieben. So wurden der Start von „John Rabe“ vom Februar auf den April 2009 verschoben, damit er nicht den thematisch ähnlich gelagerten Filmen „Operation Walkyrie“ und „Der Vorleser“ konkurrieren muss. Das ZDF kann in diesem Fall erst zwei Monate später ausstrahlen.

Daher liegt es nahe, dass sich mancher eine generelle Änderung dieser Fristenregel wünscht. Nicht nur für die „Amphibienfillme“ wie „John Rabe“ und „Buddenbrooks“, bei denen neben der Kinoversion ein TV-Zweiteiler geschnitten wird. Sondern für alle Kinokoproduktionen. Der Zeitpunkt für einen entsprechenden Vorstoß ist gut gewählt. Am 22. September tagt in Leipzig die dritte Runde der AG Strukturhilfe, in der sich Filmbranche, Kinos, DVD-Anbieter und Sender um die Zukunft des Filmfördergesetzes streiten. Nach dem gegenwärtigen Stand der Verhandlungen, sollen die öffentlich-rechtlichen und privaten Sender vom Bund erstmals verpflichtet werden, einen finanziellen Beitrag für das Entstehen deutscher Filme zu leisten. Die Länder als Verantwortliche für den Rundfunk als auch die Sender selbst haben ihre Zustimmung signalisiert. Dafür spekuliert man aber vielleicht auf ein Zugeständnis. Zum Beispiel eine Sperrfristverkürzung.

Die „Die Buddenbrooks“ sind aber nur bedingt ein geeigneter Anlass, um diese Forderung in die Diskussion zu bringen. Entscheidend für den Ausstrahlungstermin sind die Verträge zwischen Verleih und Produzent. So kann „Der Baader Meinhof Komplex“, der doppelt so viele Zuschauer ins Kino zog wie „Buddenbrooks“, schon 12 Monate nach Kinopremiere programmiert werden. Er wird Ende Oktober im Ersten laufen. „Die Constantin Film hat den Sendetermin für die Free-TV Erstausstrahlung von 'Der Baader Meinhof Komplex' zusammen mit der ARD festgelegt. Auch bei einem großen Erfolg wie 'Der Baader Meinhof Komplex' ist die Auswertung im Kino und auf DVD 12 Monate nach Kinostart weitgehend abgeschlossen,“ betont Martin Moszkowicz, Vorstand Film und Fernsehen der Münchner Firma.

Für die „Buddenbrooks“ zeichnete ARD-Tochter Bavaria als Produzent verantwortlich. Ihr Vertrag mit Warner Bros., die die „Buddenbrooks“ im Kino und auf DVD herausbringen, sah die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Zeiten zwischen Kino- und Fernseherstaufführung vor. Eine nachträgliche Änderung auf Wunsch der ARD wäre nur im gegenseitigen Einvernehmen möglich gewesen.

Warner hat sich dagegen entschieden, weil es der lange geplanten Verkaufsstrategie widersprochen hätte. Das Hamburger Unternehmen liebäugelt selbst mit dem Weihnachtsgeschäft und hat die DVD erst am 11. September, knapp neun Monate nach dem Kinostart, in den Handel gebracht. Das Erste muss nun bis Sommer 2009 warten – oder hat ein Highlight Weihnachten 2010.

Wobei es nicht das erste Mal ist, dass es zu Unstimmigkeiten zwischen Warner und WDR zu Filmen im Weihnachtsprogramm kommt. 2003 saßen Millionen enttäuschter Kinder vor dem Bildschirm, weil die ausgedruckten Abenteuer des Kleinen Eisbären in seinem ersten Kinofilm nicht ausgestrahlt wurden. Obwohl die damals noch gültige Zeit zwischen Kinostart und Fernsehpremiere von 24 Monaten um war. „Der Kinofilm konnte damals nicht zum vorgesehenen Termin gesendet werden, da die Kinosperre noch nicht, wie ursprünglich vorgesehen, aufgehoben war,“ erklärt der WDR.

Fatal wäre aber, wenn sich die Verantwortlichen in den Chefetagen der Sender jetzt fragen, warum so viel Geld in Kinokoproduktionen fließt, deren Ausstrahlungstermin nicht kalkulierbar ist. Eigenproduktionen sind schneller verfügbar, sicher im Programm zu platzieren und haben das Gütesiegel der Exklusivität. Doch die Verantwortlichen wissen auch, dass ihnen ein Kinohit das Programm veredelt. Deren Produzenten werden den Forderungen nach einer Fristverkürzung auch vehement widersprechen. Die gegenwärtige Regelung biete für alle Beteiligten die optimale Lösung, denkt die Produzentenallianz.



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