Rundfunk

Arbeitsrichter: Vergleich bei radio ffn ist ungesetzlich

(Hannover, 27. August 2010) „Meine Damen und Herren ich verstehe Ihre Ausführungen nicht“ eröffnete sinngemäß der Richter am Arbeitsgericht Hannover am 24. August eine Güteverhandlung in Richtung des Vertreters des BR von radio ffn. „Ich verstehe selbstverständlich die geschriebenen Worte, die Sätze,“ fuhr er fort, „nicht aber Ihre Argumentationslogik. Ein Vergleich, der gewählte Betriebsratsmitglieder von der Wahrnehmung ihres Mandats ausschließt, ist unwirksam“.

Was war bei radio ffn geschehen?
Die Betriebsratswahl im März wurde von einigen Beschäftigten mit der Begründung gerichtlich angefochten, dass Mitarbeiter auf der Wählerliste gestanden hätten, die ihrer Meinung nach gar nicht hätten wählen dürfen. Daraus wäre zu folgern, dass radio ffn statt eines 7-köpfigen lediglich einen 5-köpfigen Betriebsrat haben dürfe. Diese Meinung wurde auch mehrheitlich im neugewählten Betriebsrat vertreten, der sich aber paradoxer Weise nun in der Rolle des Beklagten befand. Die Minderheiten Gruppe im BR, die auch vor der Wahl den Wahlvorstand gestellt hatte, sah dies naturgemäß anders, konnten sich aber im Gremium nicht durchsetzen.

Es kam im Mai zu einem gerichtlichen Gütetermin, in dem ein Vergleich zwischen dem BR und den Klägern verabredet wurde, dass der BR zukünftig nur noch mit 5 statt mit den gewählten 7 Mitgliedern tagen und Beschlüsse fassen sollte. Die Geschäftsführung musste diesem Vergleich zustimmen, was sie gerne tat. Mit diesem Vergleich wären von den Beschäftigten gewählte Betriebsratsmitglieder gegen ihren Willen von der Betriebsratsarbeit ausgeschlossen worden.

Gegen diesen Vergleich klagte nun die Minderheitsgruppe des BR unter Hinweis darauf, dass dies ungesetzlich sei und damit unseriös und höchst riskant, da zum Beispiel alle Beschlüsse ungesetzlich und damit ungültig wären. Um einen langwierigen und teuren Rechtsstreit durch die Instanzen vor den Arbeitsgerichten zu vermeiden, schlug die Minderheitengruppe vor, den gemeinsamen Rücktritt zu beschließen und Neuwahlen zum BR vorzunehmen. Dem wollte aber die Mehrheit im BR nicht folgen und es kam zu der oben angeführten Verhandlung.

„Es ist schon sonderbar“, so der Arbeitsrichter sinngemäß, „eine Güteverhandlung über einen Vergleich zu führen, der in einer Güteverhandlung geschlossen wurde.“ Er ließ aber im weiteren Verlauf keinen Zweifel an seiner Auffassung, dass dieser Vergleich ungesetzlich und damit auch nicht per weiterem Vergleich bereinigt werden könnte. Er machte weiter deutlich, dass entweder das ursprüngliche Wahlanfechtungsverfahren fortgeführt werden müsse oder der BR durch gemeinsamen Beschluss zurücktritt und Neuwahlen zum BR durchgeführt werden. Den Weg über Neuwahlen nannte er ausdrücklich die sauberste Lösung.

Auf den Einwand des Rechtsanwalts der beklagten Mehrheitsgruppe des BR, dass dies weitere Kosten verursachen würde, entgegnete der Richter, dass radio ffn sehr viel höhere Kosten entstehen könnten, wenn ein ungesetzlich amtierender BR Beschlüsse fasse, die bei Anfechtung allesamt unwirksam sind. Dies könnte zu Schadenersatzansprüchen von Betroffenen führen, die um ein Vielfaches höher sein könnten, als eine neue BR-Wahl. Ausserdem sei ein Rechtsgut nicht gegen finanzielle Einwände abwägbar.

Nun müssen die beiden Parteien entscheiden, ob sie den Weg der Neuwahlen gehen oder das Wahlanfechtungsverfahren fortsetzen. Sollte es keine Einigung geben, ließ der Arbeitsrichter keinen Zweifel daran, dass er dann in der Hauptverhandlung den Vergleich per Gerichtsbeschluss für ungesetzlich erklären würde.

Bleibt den Beschäftigten von ffn nur zu wünschen, dass das ganze Dilemma möglichst rasch durch Neuwahlen vom Tisch kommt und nicht prozesswütige Rechtsanwälte das Thema durch die (für sie lukrativen) Instanzen jagen.

(Wille Bartz)


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