RundfunkFilm & Fernsehen

In Bayern wird gegen die Neuregelung der Rundfunkgebührenabgabe von ARD und ZDF geklagt: Ausgang ungewiss.

(ver.di FilmUnion-Newsletter 08/2012) Ende Dezember dieses Jahres läuft die gerätebezogene Rundfunkgebühr zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus. Ab dem 1. Januar 2013 gilt ein neues Modell, dann wird pro Wohnung ein Rundfunkbeitrag fällig – unabhängig davon, ob es überhaupt Empfangsgeräte in einer Wohnung gibt, bzw. wie viele Fernsehgeräte, Radios, Internet fähige Computer und Handys dort vorhanden sind.
Die von Unternehmen zu zahlenden Rundfunkbeiträge richten sich nach der Anzahl der sozialversicherungspflichtig Angestellten pro Betriebsstätte, die Auszubildende zählen nicht mit. Doch noch bevor das neue Finanzierungsmodell für ARD und ZDF ab Anfang 2013 in Kraft tritt, gibt es nun eine erste Klage gegen den künftigen allgemeinen Rundfunkbeitrag, die beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof in München eingereicht wurde (Az.: Vf. 8-VII-12). Auch ein bekannter Autoverleiher droht zu klagen. Bei Erfolg der Klage droht den Öff.-Rechtlichen Ungemach. Der Jurist Ermano Geuer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht der Universität Passau, hat eine sogenannte Popularklage beim Bayerischen Verfassungsgericht eingereicht.

Die Popularklage ist eine Bayerische Sonderform, die jeder Bürger einreichen kann, auch ohne von dem Sachverhalt unmittelbar betroffen zu sein. Bis zum 15. Oktober haben die bayerische Staatsregierung, der Landtag und der Bayerische Rundfunk Angaben zufolge Zeit, Stellungnahmen abzugeben.

Der Kläger sieht den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung verletzt, weil vom 1. Januar an alle Haushalte und Betriebe den neuen Rundfunkbeitrag zahlen sollen, unabhängig davon, ob Empfangsgeräte vorhanden sind. Dies sei eine sachlich ungerechtfertigte Pauschalisierung, wird Ermano Geuer von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zitiert. Vor allem für kleine Betriebe mit vielen Betriebsstätten oder für Unternehmen mit großen Fuhrpark stiegen die Gebühren extrem an, weil für jede Betriebsstätte und für jedes Fahrzeug gezahlt werden müsse.

Der Kläger sieht auch das Rechtsstaatsprinzip verletzt, weil die Rundfunkgebühren zu einer Steuer mutierten: Ein solche Steuer seien "Geldleistungen, die der Allgemeinheit auferlegt werden, ohne dass diese dafür eine konkrete Gegenleistung erhält". Die Bundesländer hätten zum Erlass einer solchen Steuer gar keine Kompetenz. Zudem gebe es Mängel beim Datenschutz.

Der Modellwechsel wird im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag geregelt, den die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer im Dezember 2010 unterzeichnet hatten. Im vorigen Jahr hatten dann alle Landesparlamente das Vertragswerk verabschiedet. Der bayerische Landtag in München billigte den Staatsvertrag am 17. Mai 2011. Neben den beiden Regierungsparteien CSU und FDP stimmte auch die oppositionelle SPD-Fraktion zu. Dagegen votierten die Freien Wähler und die Grünen (vgl. hierzu FK 50/10, 19/11, 50-51/11 und Dokumentation des Staatsvertrags in FK 20/12).

Während der Verhandlungen über den neuen Staatsvertrag im Jahr 2010 hatte die Sixt AG, der größte deutsche Autoverleiher, bereits angekündigt, sie wolle gegen den Staatsvertrag klagen. Dabei geht es Sixt vor allem um die Vorschrift, dass Firmen auch für ihre Kraftfahrzeuge – darunter fallen dann auch die von Autoverleihern vermieteten Wagen – jeweils ein Drittel des Rundfunkbeitrags bezahlen müssen (jedes erste Firmenauto pro Betriebsstätte ist aber beitragsfrei). Diese Bestimmung hält Sixt für einen Systembruch, weil dabei wieder auf einen Gerätebezug abgestellt werde, der durch den Modellwechsel eigentlich entfallen solle. Sollte Geuers Klage Erfolg haben, könnte Bayern gezwungen sein, unter den Ländern eine neue Lösung anzustreben. "Das würde auf ganz Deutschland ausstrahlen", sagte Geuer der dpa, was nichts anderes bedeutet, als dass ARD und ZDF die neue Regelung ad acta legen und eine Neuregelung der Neuregelung finden müssen. Angaben der dpa zufolge sollen die Verfahrensbeteiligten aber davon ausgehen, dass Geuers Klage keine Erfolgsaussichten hat. Mit einer Entscheidung sei nicht vor 2013 zu rechnen. Gegen das neue Rundfunkfinanzierungsmodell dürfte es in den kommenden Monaten, spätestens aber ab Januar 2013, wenn es gültig wird, weitere Klagen geben.



Ausklappen/Einklappen