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Gravierende Einbußen für Künstler bei GVL-Ausschüttungen

(Berlin, 25. November 2009) Das „Weihnachtsgeld“ von der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) fällt in diesem Jahr spärlicher als erhofft aus. Um die Hälfte musste die Geschäftsführung der Verwertungsgesellschaft die Ausschüttungen für Musiker, Produzenten, Schauspieler und andere Wahrnehmungsberechtigte kürzen. Ein Schritt, der ihr nicht leicht gefallen ist. Sie wurde dazu von der Musikindustrie sowie den Produzenten und Importeuren von technischen Geräten und Speichermedien gezwungen.

Die großen Plattenfirmen hatten Mitte 2007 erstmals Ausschüttungen für die bei ihnen unter Vertrag stehenden Künstler gefordert, die nicht in einem EU-Land beheimatet sind und deren Werke auch in Deutschland geschützt seien. Sie sprechen für Künstler wie Madonna oder Michael Jackson, deren CDs und DVDs weltweit am gleichen Tag erscheinen, spätestens aber innerhalb von 30 Tagen nach der Erstveröffentlichung auch auf dem deutschen Markt offiziell zu kaufen sind. Bei den neuen Alben besteht daran wenig Zweifel. Für ältere Aufnahmen wie für das jeweilige gesamte Repertoire wird es aber schwer werden, dies überhaupt nachzuprüfen.
Die Plattenfirmen berufen sich auf gültige Verträge. Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Zweitverwertungsrechte von Künstlern und Herstellern von der GVL wahrgenommen werden, treten zum Beispiel amerikanische Künstler alle Rechte an die Firmen ab.
Ob die Rechte wirksam abgetreten wurden und die Forderungen berechtigt sind, muss das Deutsche Marken- und Patentamt klären. Auf jeden Fall gibt es einen faden Beigeschmack. Zum einen, weil die Musikindustrie zum Nachteil ihrer deutschen und europäischen Klienten den bisherigen Verteilerschlüssel einer Verwertungsgesellschaft in Frage stellt, in der sie selbst aktiver Gesellschafter ist. Zum anderen, weil sie im Gegenzug von der GVL verlangt hat, keine Gegenseitigkeitsverträge mit ihrer amerikanischen Schwestergesellschaft abzuschließen. So gehen deutschen Künstlern Einnahmen verloren, die sie auf dem dortigen Markt durch die Zweitverwertung ihrer Rechte erzielen.
Jeden Tag hoffen die Verantwortlichen der GVL nun auf eine Entscheidung der Juristen des Patentamtes. Der Ausgang scheint offen. Ebenso wie heute keiner einschätzen kann, ob die unterlegene Seite in Berufung geht. Das Verfahren könnte sich dann über Monate, wenn nicht über Jahre hinziehen.
Solange eine endgültige Entscheidung aussteht, muss die GVL die strittige Summe von 28,3 Mio. Euro auf ihren Konten einfrieren und darf sie nicht an deutsche und europäische Kreative auszahlen.
Ein weiteres Loch im Ausschüttungs-Etat hat der deutsche Gesetzgeber - wie von vielen Kritikern befürchtet - mit der Änderung des Urheberrechts gerissen. In den Verhandlungen um die Vergütung von Privatkopien haben sich Hersteller und Importeure von Aufzeichnungs- und Vervielfältigungsmedien durchgesetzt. Wurden sie zuvor pauschal zur Kasse gebeten, muss die GVL jetzt mit jedem Produzenten von Rekordern, Playern oder Speichermedien separate Vereinbarungen treffen.
„Die konnten bislang nicht abgeschlossen werden, weil die Widerstände der Zahlungspflichtigen dies verhindert haben,“ musste die Geschäftsführung der GVL den Wahrnehmungsberechtigten im Oktober mitteilen. Mit einigen Herstellern laufen noch Verhandlungen, mit anderen sind sie gescheitert. Zeitaufwändige Schieds- und Gerichtsverfahren zur Durchsetzung der Interessen der GVL-Ausschüttungsberechtigten sind die Folge.
Die Blockadehaltung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Ausschüttungssumme. Statt 83,4 Mio. Euro für das Jahr 2007 können 2008 nur 68,7 Mio. Euro verteilt werden. Der Einnahmeverlust summierte sich mit den Rückstellungen zu erheblichen Einbußen für die Künstler. Die für Ausschüttungen zur Verfügung stehende Summe halbierte sich im Vergleich zu 2007 auf 40,3 Millionen Euro für 2008.
Die Geschäftsführung der GVL macht allen Wahrnehmungsberechtigten Mut, dass der Scheck im kommenden Jahr wieder höher ausfallen wird. Sie setzt dabei vor allem auf Nachzahlungen von den Hardware-Herstellern. Und sie hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die eingefrorenen Millionen nur unter den anspruchsberechtigten in Deutschland verteilt und bald ein Abkommen ihrer amerikanischen Schwesterinstitution geschlossen werden kann.

(Katharina Dockhorn)


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