RundfunkFilm & Fernsehen

Fünf Thesen zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

(Berlin, 12. März 2014) Anlässlich der Ministerpräsidentenkonferenz am 13. März hat die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) den Länderchefs ein Thesenpapier zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zugestellt. Darin macht ver.di deutlich, dass das bestehende System einiger Verbesserungen bedarf, wenn es auch in Zukunft noch relevant sein und seinem gesellschaftlichen Auftrag gerecht werden soll.

»Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland leistet noch immer Beachtenswertes – von der Versorgung mit unabhängiger Informationen bis hin zu guter Unterhaltung. Trotzdem finden die Angebote bei den Jüngeren immer weniger Anklang. In Teilen der Politik, der Wirtschaft oder bei einigen Zeitungsverlegern haben die Öffentlich-Rechtlichen sogar mit massiver Gegenwehr zu kämpfen. Im Internetzeitalter bedarf es aber nicht des Abbaus öffentlich-rechtlicher Inhalte, sondern vielmehr einer Stärkung. Dazu sind aber Veränderungen nötig«, erklärte Frank Werneke, stellvertretender ver.di-Vorsitzender. »Ein Rundfunk, der von der Allgemeinheit finanziert wird, muss nicht nur mit Unabhängigkeit, Vielfalt und Qualität überzeugen, er muss auch alle Bevölkerungsschichten erreichen. Hierzu sollen unsere Thesen beitragen.«

Mit Blick auf die anstehende Entscheidung der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, wie mit den zu erwartenden Mehreinnahmen durch den neuen Rundfunkbeitrag zu verfahren ist, sagte Werneke weiter: »In erster Linie brauchen die Öffentlich-Rechtlichen eine sichere Finanzierungsperspektive und eine ausreichende finanzielle Reserve. Es darf jetzt nicht zu vorschnellen Beitragssenkungen kommen, die schlimmstenfalls später wieder eine Erhöhung nach sich ziehen.« Bevor über Senkungen nachgedacht werde, müsse der neue Rundfunkbeitrag wie vorgesehen umfassend evaluiert werden. Auch die Produzentenallianz hatte vor einer Beitragssenkung gewarnt. Sie forderte die Nutzung der Mehreinnahmen für die Verbesserung der Produktionsbedingungen. Werneke begrüßte die Initiative des Tarifpartners von ver.di.

Das vom ver.di-Bundesvorstand beschlossene Thesenpapier formuliert auf den fünf wichtigsten Themenfeldern Anforderungen sowohl an die Politik als auch an die Sender selbst, wie ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk gestaltet sein muss, damit er leistungsfähig bleibt und weiterhin Akzeptanz findet. Die Themen umfassen dabei die Aspekte Finanzierung, Qualität, Arbeitsbedingungen, Verbreitung und Gremienkontrolle. »In einer Medienlandschaft mit starker privat-kommerzieller Konkurrenz müssen auch öffentlich-rechtliche Inhalte ihren festen Platz haben. Dabei sind auch die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten aufgefordert, die entsprechenden staatsvertraglichen Rahmenbedingungen zu schaffen«, so Werneke weiter.

Besonders wichtig für die Film- und Fernsehschaffenden ist die These 3 "Kreative müssen von ihrer Arbeit leben können", die deswegen hier nachzulesen ist. Dabei ARD und ZDF tragen besondere soziale Verantwortung für alle im Produktionsprozess Beschäftigten.



3. Kreative müssen von ihrer Arbeit leben können.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk wahrt die
Urheberrechte und tarifliche Standards.


Rundfunk ist ein Produkt kreativer Arbeit von Menschen. Entscheidend für gute Ergebnisse sind deshalb die Produktionsbedingungen und eine faire Bezahlung, vor allem bei ineinandergreifenden Produktionsketten. Eine Abwärtsspirale hat hier in den letzten Jahren jedoch in vielen Fällen zu einem unerträglichen Kosten- und Arbeitsdruck geführt, der Qualität sichtbar leiden lässt. Kostendruck und harter Wettbewerb der vielen Produktionsfirmen um die teilweise auch mit preissenkender Absicht ausgeschriebenen Produktionen führen zu hohem Druck auf Honorare und Einkommen der Film-und Fernsehschaffenden.

Als öffentliche Unternehmen tragen ARD und ZDF jedoch eine besondere soziale Verantwortung für alle Beschäftigten im Produktionsprozess. Honorare, Gehälter und Arbeitsbedingungen müssen sich mindestens an den existierenden Tarifverträgen orientieren. Produktionsbudgets müssen so bemessen werden, dass nicht nur inhaltliche und künstlerische Kriterien erfüllt werden, sondern auch die Qualität der Arbeitsbedingungen gewährleistet ist. Urheberrechte müssen geschützt und die Nutzung der Werke muss so honoriert werden, dass Festangestellte, auf Produktionsdauer Beschäftigte und freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ihrer Arbeit leben können. Um Qualität zu erreichen, bedarf es bei Dokumentar-, Spielfilm- und Kino-Koproduktionen einer ausreichenden Zahl von Produktions- und Drehtagen und einer finanziellen Ausstattung jenseits von Low-Budget-Produktionen.

Film- und Fernsehschaffende, die für öffentlich rechtliche Sender als Freie, als Subunternehmer, als Leiharbeitnehmer oder über beauftragte Produktionsfirmen tätig werden, sind mindestens gleichwertig zu bezahlen wie die bei den Sendern festangestellten Kolleginnen und Kollegen („equal pay“). Tarifstandards müssen in der Kette der Auftragsproduktionen eingehalten werden, auch in den Tochterunternehmen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten. Auftragsvergaben an Produktionsfirmen oder andere Auftragnehmer müssen eine Verpflichtung zur Tariftreue verbindlich vorsehen. Die Sender sollen Aufträge nur an Unternehmen vergeben, die sich bei Bezahlung und Arbeitsbedingungen an die Branchentarifverträge halten. Die Einhaltung der Tarifstandards ist regelmäßig zu überwachen. Grundsätzlich gilt: Prekäre Beschäftigung wie Leiharbeit, Werkverträge oder befristete Arbeitsverhältnisse dürfen reguläre Arbeitsverhältnisse nicht weiter verdrängen.

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