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Altersvorsorgepflicht für Selbstständige soll kommen – und verunsichert die Betroffenen: ver.di sorgt für Klarheit

(ver.di FilmUnion-Newsletter 05/2012) Die Selbstständigen-Szene ist in Aufruhr. Doch diesmal geht es nicht um sinkende Gagen oder ausbleibende Aufträge, auch das von allen Seiten angeschossenen Urheberrecht ist ausnahmsweise einmal nicht Grund für die Aufregung. Vielmehr ist das eine Gesetzesinitiative der Bundesregierung, nämlich die Altersvorsorgepflicht für Selbstständige, die in der von-der-Leyen’schen Variante ab Sommer 2013 eingeführt werden soll.
Der Staat möchte die Altersvorsorge per Gesetz regeln, viele Selbstständige fühlen sich dadurch in der Ausübung ihres Rechts auf Unabhängigkeit gegängelt und vom Staat bevormundet. Es sei die Sache eines jeden Einzelnen, wie er seine Altersvorsorge regelt - oder eben nicht. Sogar eine online-Petition gegen diese Vorsorgepflicht stand im Internet zur Unterzeichnung bereit.

Mittlerweile hat das Ausmaß der Diskussion - on- und offline und in allen wichtigen Leitmedien - den Anschein, als ob das Ende des Abendlandes drohe, wenigstens aber der Erhalt der freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährdet sei. Ähnlich laut war der Aufschrei nur, als es vor ein paar Jahren Pflicht wurde, sich für den Fall einer Krankheit zu versichern. Auch damals hieß es, krank werden wir Selbstständige nie, auch Unfälle haben nur die Anderen. Eine klare Haltung zum Thema Altersvorsorgepflicht bietet das Referat Selbstständige bei ver.di.

ver.di unterstützt die Pläne aus dem Bundesarbeitsministerium, die in einem Eckpunktpapier zusammengefasst wurden, auch Selbstständige für das Alter absichern zu wollen. Diese Pläne regeln Übergangsfristen für die Vorsorgepflicht und Ausnahmen hiervon: Für Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, die in berufsständischen Versorgungswerken versichert sind. Auch für Mitglieder der Künstlersozialkasse sollen die neuen Regeln nicht gelten. Keine Vorsorgepflicht solle es auch für Selbständige geben, die bei Einführung des neuen Gesetzes bereits das 50. Lebensjahr vollendet haben. Die neuen Regelnsollen nach Inkrafttreten stattdessen für alle gelten, die noch keine 30 sind. Selbständige, die bereits den 30. Geburtstag gefeiert haben, müssen zumindest nachweisen, "dass sie Beiträge zu Lebens- oder Rentenversicherungsverträgen zahlen oder über entsprechendes Vermögen (einschließlich Immobilienvermögen) verfügen, das eine Basisabsicherung sicherstellen kann", schreiben die Fachleute des Ministeriums. Die Beiträge würden sich ungefähr auf 300 – 400 € pro Monat belaufen und seien einkommensunabhängig.

ver.di lehnt dieses Eckpunktepapier aus dem Ministerium in seiner derzeitigen Formjedoch ab. „Eine Absicherung Selbstständiger macht nur innerhalb desgesetzlichen Rentenversicherungssystems einen Sinn“, betonte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Elke Hannack. Denn nur so könne abgesichertwerden, dass im Laufe eines Erwerbslebens eine ungebrochene Versicherungsbiografie entstehe – und dass auch Selbstständige gegen Risiken wie Erwerbsminderung abgesichert seien. Eine Wahlmöglichkeit zwischen privater und gesetzlicher Vorsorge gefährde das Solidarsystem der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Wahlmöglichkeit zur Pflichtvorsorge in der von Frau von der Leyen vorgesehenen Form wäre erst einmal nichts anderes als ein auf Druck der FDP geschaffenes neues Geschäftsfeld für private Versicherungskonzerne, kritisierte Hannack. Ziel müsse es vielmehr sein, die Altersvorsorge für alle Erwerbstätigen und Erwerbsformen anzugleichen. Das gelte allerdings auch für die Finanzierung, unterstrich die Gewerkschafterin, die auch die sozialpolitischen Interessen der über 30.000 selbstständigen ver.di-Mitglieder vertritt. Bleibe die Vorsorge erwerbsbezogen, müssten auch Auftraggeber zur Finanzierung mit herangezogen werden. Eine armutsfeste Absicherung sei insbesondere für gering verdienende Selbstständige mit einer einseitig finanzierten Pflicht-Vorsorge nicht zu erreichen.

„Sinn macht allein ein solidarisches System, das neben allen Erwerbstätigen auch alle Arbeit- und Auftraggeber einbezieht“, forderte Elke Hannack. Der Grund für die hohe Anzahl bislang nicht versicherter Selbstständiger liege schlicht in der fehlenden Vorsorgefähigkeit gering verdienender Selbstständiger. Schließlich nutzten viele Auftraggeber – unter Abbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung – die Versicherungsfreiheit der meisten Selbstständigen zur Kostenreduktion. Die aktuellen Überlegungen aus dem Ministerium ließen den Blick auf veränderte Arbeitsbeziehungen bei gleichzeitig fortbestehender Verantwortung der Wirtschaft vermissen, sagte Bundesvorstandsmitglied Hannack.



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