Film & Fernsehen

BundesFilmVerband BFV kritisiert Budgetkürzung bei ZDF-Produktionen

(BFV-Newsletter 7-8/2010) Eine-Millionen-Euro-Movie oder standardisierte Movie-Produktion, bei der die Drehzeit auf 15 Tage gedrückt wird. Die Fernsehsender lassen sich einiges einfallen, um den Einbruch der Einnahmen durch die Befreiung der Hartz IV-Empfänger von der GEZ-Gebühr oder bei den Werbeeinnahmen aufzufangen.
Nicht immer zur Freude von Produzenten und den Filmschaffenden vor und hinter der Kamera. Eine Reduzierung der Budgets könnte sie um Gewinne und Erlöse, um Gagen, Gehälter und Arbeitslosengeld bringen. Aufgeschreckt wurde die Branche zunächst von einem Interview von ZDF-Fernsehspielchef Reinhold Elschot. Er kündigte für das ZDF für 2011 die Produktion von mindestens zwei Montags-Filmen an, deren Budget bei 1 Mio. Euro liegen soll. Bislang lag der Schnitt bei 1,2 Mio. Euro. Mit weniger Geld für Gagen, Drehtage und Ausstattung sollten die freien Produzenten das gleiche wie bisher liefern. Auf Nachfrage der Produzentenallianz ruderte Elschot zurück, doch das Ziel bleibt klar. „Das ZDF strebt keinen Modellwechsel an; wir befinden uns ja mit der Produzentenallianz in sehr konstruktiven und zielführenden Gesprächen zu den Terms of Trade. Zugleich wollen wir mit interessierten Produzenten das Experiment wagen, einen Film für 1-Million-Euro herstellen zu lassen. Dies kann nur unter ganz bestimmten Bedingungen gelingen und stellt höchste und spezifische Anforderungen an Drehbuch und Gesamt-Setting des Projekts, das gemeinsam von Produzent und Sender gewollt sein und erarbeitet werden muss. Der Normalfall kann ein solches Projekt nicht sein und werden.“

Die Gewerkschaft ist alarmiert, dass aus dem Einzel- der Normalfall werden könnte. Sie fordert von den Sendern ein Umdenken. Im Interesse von Mitarbeitern und Kreativen.

Matthias von Fintel, BundesFilmVerband BFV und Tarifsekretär bei ver.di, fordert konsequent: „Die Sender sollten bei ihren Filmproduktionen, die von Auftragsproduzenten hergestellt werden, keinen Unterbietungswettbewerb mehr veranstalten nach dem Motto: `wer kann’s schneller und billiger.` Ein sorgsamer Umgang mit Gebührengeldern und ein Wettbewerb um attraktive TV-Formate muss sich stärker an inhaltlicher Qualität orientieren und Freiraum für Kreativität lassen. Die Fernsehzuschauer merken sehr schnell, wenn Filme billig und in vorgepressten Formaten produziert werden. Im Vorabend wird das vielleicht noch akzeptiert, aber Prime-Time so zu füllen, würde eine Abkehr der Zuschauer vom Sender befördern. Oder so ein Format wird mit auch nicht kostenloser PR gepusht. Dann doch lieber gleich in die Filmproduktion investieren, um ein dauerhaft auswertbares und damit wertvolleres Produkt zu erhalten.“ Dieser Hinweis kommt nicht von ungefähr, weiß doch jeder in der Branche, dass bereits jetzt bei TV-Movies und 90-Minüter-Formaten die Anzahl der Drehtage viel zu knapp bemessen sind und die täglichen Arbeitszeiten nicht selten aus dem Ruder laufen. „Bevor die Sender mit weiteren Pionierprojekten „Scherze“ treiben, sollten sie lieber bei ihren Auftragsproduktionen Rahmenbedingungen schaffen, die tarifliche Arbeitsbedingungen möglich machen“, ergänzt der Vorstand des BFV. Diese Kritik wird jüngst durch eine Produktion für das ZDF bestätigt. Hier beschwerten sich unabhängig voneinander mehrere Filmschaffende beim BFV/connexx.av über nicht eingehaltene Ruhezeiten und Arbeitszeiten von regelmäßig mehr als 14 Stunden. Diese Form der Produktion kann – wenn überhaupt – nur für Studiodrehs funktionieren, was mit der Folge einer wachsenden Produktionsanzahl vielleicht doch positive Beschäftigungseffekte bewirken könnte, bei denen Tarifverträge eingehalten werden. Die Studiobetreiber würde es freuen, denn deren Auslastung sieht auch nicht gerade rosig aus. Aufwändige Produktionen mit einem hohen Schauwert oder vielen Komparsen seien so allerdings nicht zu stemmen. Doch die Gewerkschafter des BFV fürchten, dass aus dem Einzel- der Normalfall werden könnte. „So ein Filmprojekt wäre ein Extremfall, der ohnehin kaum akzeptable Arbeitsbedingungen am Filmset ins Unerträgliche überziehen würde.

Seit Jahren werden bei Filmprojekten immer weniger Drehtage kalkuliert. Für einen TV-Spielfilm sind 21 bis 23 Drehtage unter günstigen Bedingungen das Minimum. Alles was darunter geht, ist ganz sicher nicht mehr mit Drehtagen von 12-13 Stunden zu bewerkstelligen. Eben für die jetzigen Produktionen trifft dies schon häufig nicht zu. Wenn öffentlich-rechtliche Sender solche Vorgaben machen, stacheln sie zum Bruch mit gesetzlichen und tarifvertraglichen Arbeitszeitregelungen an“, so von Fintel weiter. Bei solchen Filmproduktion würden dann Gewerkschaft und die Behörden für Arbeitsschutz vermutlich Dauerkomparsen sein.

Ähnlich sehen es die Vertreter vom Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler BFFS. „Nach den ersten Filmen zu diesen Bedingungen könnte der Druck auf andere Produzenten wachsen, mit den Budgets runter zu gehen. Und dass dann bei Filmen, bei denen am falschen Ende gespart werden muss“, umreißt Hans-Werner Meyer das Problem. So hat er selbst bei einem Projekt für einen Privatsender gearbeitet, bei dem für die Fortsetzung ein niedrigeres Budget zur Verfügung stand als beim Dreh des ersten Films. Alle Mitarbeiter hätten dann eine Woche ohne Lohn gearbeitet, weil alle wollten, dass auch die Fortsetzung wieder ein Quotenhit werden kann. „Das ist genau der falsche Weg“.

Die Filmgewerkschafter des BFV fürchten darüber hinaus bei einer Reduzierung der Drehtage und ein Umschwenken auf solche Produktionsformen den Verlust weiterer sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungstage. Schon jetzt schaffen es viele Filmschaffende nicht, die geforderte Anwartschaftszeit zu erreichen.

Die im Vorjahr verabschiedete Neuregelung nützt – wie befürchtet - nur einem kleinen Teil der Filmschaffenden und schafft mit seinen restriktiven Voraussetzungskriterien eher Unruhe und Verständnislosigkeit als eine geforderte soziale Absicherung. „Wir müssen zunächst einmal ein System einer vollständigen sozialen Absicherung für Filmschaffende mit einem durchschnittlichen Beschäftigungsverlauf finden, bevor schon wieder Produktionsformen revolutioniert werden sollen. Hier sind auch Sender wie Produzenten in der Verpflichtung gegenüber uns Filmschaffenden“, so der Vorstand des BFV in ver.di.

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