Piraten schneller als Gerichte und Politik – viele Arbeitsplätze gehen verloren!

(BFV-Newsletter 7-8/2010) Welche Ausmaße illegale Downloads mittlerweile haben, musste kürzlich der amerikanische Fernsehsender ABC schmerzlich feststellen. Nur 13,5 Mio. Zuschauer verfolgten an den Fernsehschirmen Ende der sechsten und letzten Staffel des Insel-Epos "Lost“.
Das waren nur gerade mal zwei Mio. mehr als der Zuschauerdurchschnitt der fünften Staffel. Die Erwartungen waren deutlich höher. Im Internet knackte die Episode am Tag nach der TV-Ausstrahlung alle Download-Rekorde auf der Internet-Tauschbörse "BitTorrent". Knapp eine Million Mal wurde die Folge in weniger als einem Tag auf Festplatten rund um den Globus gebrannt, berichtet der Internetdienst TorrentFreak. Bis zum Wochenende dürften es vier bis fünf Mio. illegale Downloads sein. "Lost" war damit nach "Heroes" 2009 die am häufigsten geklaute Serie, so TorrentFreak. Auf ca. neun Milliarden Euro schätzt die Branche den Schaden europaweit, 184.000 Arbeitsplätze gehen durch die Piraterie verloren. Alleine in Deutschland wird der Verlust auf 34.000 Arbeitsplätze geschätzt. Und die Tendenz ist steigend. Tauschbörsen verlieren Marktanteil, er liegt nur noch bei 15 – 20%. Filesharing von Seiten wie Kino.To heißt das große Zauberwort, bei dem mit einem Druck auf den Play-Buttom ein ganzer Film von verschiedenen Servern herunter geladen wird. Auf bis zu 1,2 Mio. Abrufe kommen aktuelle Hits von Bildschirm und Leinwand in 24 Stunden. Bis zu Sieben Mio. Mal werden sie dann insgesamt herunter geladen.

„Solche Downloads werden von Providern in verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Haftungsbedingungen angeboten, was die Verfolgung erschwert“, erklärt Christian Sommer, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen. „Außerdem werden alle Jugendschutzbestimmungen umgangen und oft wird der Verbraucher genötigt, Dienstleistungen einzukaufen, die er eigentlich umsonst haben könnte.“

Doch die Justizministerin sieht keinen Handlungsbedarf. Die deutschen Gesetze findet sie ausreichend, wenn sie die vielen Beschwerden von Menschen lese, die Abmahnungen wegen illegaler Downloads bekommen habe, hält sie dies sogar für ein lukratives Geschäft von Musik- und Filmproduktionsfirmen. Netzsperren wie in Frankreich seien dagegen der falsche Weg. „Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sichert einen fairen Ausgleich der Interessen, indem sie den Rechteinhabern unter bestimmten Voraussetzungen einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch auch gegenüber dem Provider zuerkennt. Nämlich dann, wenn dieser seine Prüfpflichten nicht erfüllt und es ihm im Einzelfall möglich und zumutbar ist, die Rechtsverletzung zu verhindern. Auch wenn dies manche fordern, halte ich es nicht für richtig, diese Rechtslage zum Nachteil der Rechteinhaber zu verändern. Die Provider bleiben hier in der Verantwortung.“

Der irische Provider Eircom verfährt seit Anfang dieser Woche als erster Provider weltweit gegenüber illegalem Filesharing mit dem »Three Strikes-Modell«, wie die »Irish Times« berichtet. In diesem System der »graduated response« erhalten Kunden, die illegales Filesharing betreiben, drei Mahnungen, bevor ihr Internetzugang für ein Jahr gesperrt wird. Das Vorgehen basiert auf einem außergerichtlichen Vergleich zwischen Eircom und der Irish Recorded Music Association (IRMA), der die Major Labels EMI, Warner, Universal und Sony angehören. In der ersten, dreimonatigen Test-Phase verarbeitet der Provider zunächst 50 IP-Adressen pro Woche, die von der Firma Dtectnet im Auftrag der IRMA identifiziert wurden. In der vorangegangen Gerichtsverhandlung vor dem High Court, dem obersten Zivil- und Strafgericht in Irland, hatte der Richter entschieden, dass IP-Adressen keine personenbezogenen Daten darstellen. Das britische Anti-Piraterie-Gesetz und das »Hadopi«-Gesetz in Frankreich sehen ebenfalls Internetsperren vor. Ein englischer Anbieter kündigte bereits Widerstand gegen das britische Gesetz an. In Irland hat sich der Breitbandanbieter UPC bis jetzt geweigert, das von der IRMA geforderte System zu installieren. Die Verhandlung im Prozess gegen den Musikverband findet nächsten Monat statt.

Die jüngsten Ereignisse um die Torrent-Suchmaschine The Pirate Bay beweisen erneut, dass einzelne Ländermachtlos gegen solche Angebote sind. Europa-, wenn nicht gar weltweite Lösungen müssen sein, um sie vom Netz zu nehmen.

Die Filmindustrie hatte eine einstweilige Verfügung gegen den deutschen Provider CB3ROB erwirkt und damit der Torrent-Seite The Pirate Bay die Verbindung gekappt. Das Landgericht Hamburg verbot am 6. Mai dem Berliner Provider, die Seite ans Internet anzubinden, soweit darüber bestimmte Filme zugänglich gemacht werden. Genannt werden sechs aktuelle Filme der in der Motion Picture Alliance (MPA) zusammengeschlossenen großen Hollywood-Studios. Während Sven Kamphuis von CB3ROB mit seinen Anwälten die nächsten Schritte besprechen will, war die Seite einen Tag später wieder erreichbar - offenbar über einen Provider in der Ukraine. "I'ms ins yours skynets, lollings aways ats yours futiles attempts ats controllings ours internets", heißt es dort in extra schlechtem Englisch unter dem Foto einer Katze. Die Betreiber lachen über die vergeblichen Versuche, mit denen versucht wird, ihr Internet zu kontrollieren. Verantwortlich für die neue Anbindung ist nach eigenen Angaben die schwedische Piratenpartei. The Pirate Bay sei nur eine Suchmaschine, erklärte Parteichef Rick Falkvinge. Weder der Tracker noch die Torrent-Dateien würden sich auf den Servern von The Pirate Bay befinden - sondern ganz woanders. Ein Gericht hatte im August 2009 verfügt, dass der Zugangsprovider die Verbreitung bestimmter urheberrechtlich geschützter Werke verhindern müsse. Als Konsequenz kappte der Provider gleich die ganze Verbindung. Auch damals war The Pirate Bay nur für einen Tag vom Netz; dann war die Seite einfach umgezogen.



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