Neue Medien

Statement zur Initiative ePay.tv

(05.05.2004) - Vielen ist connexx.av in den vergangenen Tagen in den Medien oder im Internet begegnet: Im Zusammenhang mit ePay.tv, unserer gemeinsamen Initiative mit eBay-Beschäftigten zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen.
Wofür wir arbeiten

Wir betreuen den Betriebsrat und unsere Mitglieder bei eBay seit zwei Jahren. Schon im vergangenen Jahr kamen Beschäftigte und Mitglieder mit dem Anliegen auf uns zu, sie bei der Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen zu unterstützen. Ihre Beschwerden konzentrierten sich auf die Überwachung durch ein Software-Programm namens "Activity Manager". Die daran gekoppelte Leistungs- und Verhaltenskontrolle, die bislang nicht durch den Betriebsrat geregelt ist, wird vielfach als ungerecht und willkürlich empfunden. Weitere Kritik bezog sich auf zu kurzfristig angesetzte Schichten sowie auf fehlende Überstunden- bzw. Wochenendzuschläge - denn bei eBay zählen alle Tage als normale Werktage.

Eine wirkungsvolle Verbesserung dieser Situation schien uns am besten in Form eines Tarifvertrags zu erreichen. Unsere aktiven Mitglieder im Betrieb fanden das ebenfalls. Auf dieser Grundlage hat sich connexx.av frühzeitig entschieden, seine Ressourcen zu bündeln und seine Tarifarbeit im Jahr 2004 auf eBay zu konzentrieren. Aufgrund der guten Kontakte zu unseren Mitgliedern bei eBay und der besonderen Popularität des Unternehmens erhofften wir uns von einem Erfolg auch positive Wirkungen für die ganze Branche.

Deshalb planten wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern eine die Betriebsratsarbeit begleitende Kampagne und holten uns dafür professionelle Unterstützung.

Wie wir arbeiten

Kernauftrag von connexx.av ist die Vertretung von Beschäftigteninteressen in den Zukunftsbranchen der Mediengesellschaft. Dabei ist connexx.av ein sehr erfolgreiches Projekt und hat besondere Erfolge in der Verankerung demokratischer Mitbestimmung in den Neuen Medien erzielt. Es gehört zum Projektcharakter von connexx.av, zukunftsorientierte und innovative Methoden der Gewerkschaftsarbeit auszuprobieren und gemeinsam mit den Beschäftigten zu lernen.

Dazu gehört auch ein professioneller, koordinierter Umgang mit Medien und dem Internet. Wir unterstützen Beschäftigte dabei, die Möglichkeiten der Mediengesellschaft zu nutzen und arbeiten auch mit den Mitteln professioneller Öffentlichkeitsarbeit. In diesem Rahmen ist es normal, sich über Ziele und Schritte auf dem Weg dorthin Gedanken zu machen und die Diskussion in Planungsentwürfen und Konzeptpapieren festzuhalten.

Im Rahmen der ePay-Kampagne war es uns wichtig, weder connexx.av noch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kommunikativ in den Vordergrund zu drängen. Zumal wir gemeinsam mit unseren Unterstützern zu der Einschätzung gelangt waren, dass es bei einem offenen Auftreten unsererseits allzu leicht gewesen wäre, mit einer ideologischen Pro/Contra-Gewerkschafts-Diskussion die Themen der Beschäftigten und ihre Kritik an den Arbeitsbedingungen in den Hintergrund zu drängen. Und die sollten im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen.

Deshalb haben wir die Website www.epay.tv zunächst als reine Mitarbeiter-Plattform angelegt. Schließlich waren eBay-Beschäftigte von Anfang an komplett eingebunden: So haben wir die Umfrage gemeinsam entwickelt, haben die Website ePay.tv gemeinsam auf den Weg gebracht und geplant, Ende April als gemeinsame Initiative an die Öffentlichkeit zu gehen.

Wo wir jetzt stehen

Indem wir unsere Beteiligung an ePay.tv zunächst nicht offen gelegt haben, waren wir unaufrichtig in unserer Kommunikation. Dass wir dabei strategische Überlegungen über das Prinzip der Wahrhaftigkeit gestellt haben, war ein Fehler. Und er tut uns leid.

Von Anfang an war uns bewusst, dass eBay nach innen und außen eine sehr offensive, einheitliche Kommunikationspolitik betreibt. Dennoch haben wir deren Macht unterschätzt.

Auch die Härte der Auseinandersetzung hat uns kalt erwischt. Wir haben nicht mit der unautorisierten Beschaffung oder Weitergabe von Projektinterna, nicht mit anonymen Droh-Mails und nicht mit persönlichen Einschüchterungsversuchen gerechnet.

Deshalb sind wir aus allen Wolken gefallen, als die Geschäftsführung auf einer eigens dafür angesetzten Mitarbeiterversammlung am 23. April 2004 die versammelten Beschäftigten mit einer Powerpoint-Präsentation von internen Konzeptpapieren und Planungsskizzen unserer Initiative konfrontierte. Natürlich kam die Botschaft der Geschäftsführung an. Und natürlich wurden die in unsere Planungen eingebundenen Mitarbeiter davon eingeschüchtert. Mit der akuten Angst vor Kündigung im Nacken sind sie nun weitgehend auf Tauchstation gegangen - was wir gut verstehen können.

Seitdem geistern Halbwahrheiten durch die Medien und das Internet. So wurden Etatzahlen und Rechnungssummen aus dem Zusammenhang gerissen und falsch dargestellt, so wurden einzelne, gefährlich klingende Begriffe aus den Ideensammlungen unserer Agentur zitiert, die nicht in die Kampagnen-Planung übernommen oder ernsthaft erwogen wurden.

Diese Ebene der Auseinandersetzung entspricht nicht dem Stil der Arbeit von connexx.av und ist nicht im Interesse unserer Mitglieder und Unterstützer bei eBay.

Wie es nun weitergeht

Im Kern unseres Handelns steht das Motiv, die Beschäftigten bei eBay und anderswo dabei zu unterstützen, ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dazu stehen wir - ebenso zu unserem Ansatz, dieses Anliegen in Absprache mit den betroffenen Beschäftigten öffentlich zu thematisieren. Und natürlich werden wir weiterhin die tariflichen Interessen unserer Mitglieder vertreten - denn das ist unser Job. Deshalb suchen wir nun den aktiven Dialog mit der eBay-Geschäftsführung über die Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Und wir wollen die Auseinandersetzung versachlichen. Mit diesem Ziel werden wir Themen aufgreifen, die gesellschaftlich produktiv diskutiert werden können - entlang der Interessen der Branchen-Beschäftigten und der Arbeitsbedingungen in neuen Unternehmenskulturen. Dazu gehört die Debatte über Leistungsmessung und Kontrollsysteme - denn die eBay-Beschäftigten sind mit ihren Problemen bei weitem nicht allein. Dazu gehört auch die Frage nach den Gestaltungspotenzialen von Tarifverträgen in neuen Branchen. Und dazu gehört die kritische Auseinandersetzung mit den Methoden und Perspektiven politischer Kommunikation und gewerkschaftlicher Kampagnenführung.

Doch dafür möchten wir uns Zeit nehmen. Denn diese Themen sind es wert.

connexx.av
05.05.2004

Ausklappen/Einklappen