Neue Rubrik: Drehbericht aus Schweden, wie es gehen könnte!

(ver.di FilmUnion-Newsletter 08/2012) In loser Folge werden wir ab sofort Dreh- und Setberichte veröffentlichen, aber auch sonstige Darstellungen aus dem in- und ausländischen Arbeitsleben der Filmschaffenden. Wer also möchte, kann uns gerne seine Erfahrungen mitteilen, auf Wunsch auch anonym. Den Anfang dieser Rubrik macht der Bericht eines Filmschaffenden, der wunderbare Erfahrungen in Schweden gemacht hat.
„Ich habe letztes Jahr 3 Monate in Schweden mit teils schwedischem Team gearbeitet. Das hat mir die Augen geöffnet, wie dämlich wir deutschen Arbeitnehmer (Filmschaffenden) oft sind, was wir alles mit uns machen lassen. Als allererstes haben wir einen sogenannten Union-Representive gewählt, das ist so viel wie ein Mittelsmann zwischen Produktionsleiter und Team. Wenn man Probleme hatte, sei es mit den Arbeitszeiten oder mit dem Essen, wenn es zu Beispiel nichts gab, ist man zum Union-Representive, der das Gespräch vertraulich behandelt hat, und dieser hat dann mit dem Produktionsleiter verhandelt oder oft auch einfach nur Dinge angesprochen, die sich daraufhin auch verändert und verbessert hatten. Wir waren immer im regen Kontakt mit der Produktion. Und, es wurde vor Überstunden GEWARNT!!! Unglaublich: Zwei Stunden vor offiziellem Drehschluss wurde, wenn es zu Überstunden kommen sollte, eine Ansage gemacht. Und man hatte die Möglichkeit, dem Mittelsmann mitzuteilen, ob man damit ein Problem hatte. Und so konnten wir zum Beispiel einfach nein sagen, und die Produktion musste überlegen wie sie uns entgegen kam. Kam nicht oft vor, dass wir nein gesagt haben, aber allein der Gedanke daran, dass man ein Mitspracherecht von vornherein hat, ist großartig. Und die Schweden drehen am Freitag NIE nachts.
Sind immer so um 18.00Uhr fertig, damit jeder Zeit hat, mit seiner Familie ins Gartenhaus zu fahren. Die Produktion hat es zwei Mal probiert, freitags in die Nacht zu drehen, aber danach hat sie es aufgegeben. Und interessanter Weise schaffen die Schweden auch Filme zu drehen, mit Nachtszenen. Sie fangen montags versetzt an und arbeiten sich jeden Tag wieder vor. Und sie machen dabei einen glücklichen Eindruck. Es war spannend zu beobachten, wie man selbst alles wahrgenommen hat. Am Anfang bin ich dem Ganzen mit Unverständnis begegnet, hab nicht verstanden, warum die Schweden sich so über so vieles aufgeregt und gewehrt haben. Aber je länger ich dabei war, musste ich feststellen, wie gut organisiert sie sind und welch gute Arbeitsverhältnisse dort herrschten. Kaum waren wir mit der Produktion wieder in Deutschland, wurden wieder Überstunden gemacht, ohne eine Meldung, und die Zeiten waren wieder die alten.
Das hat mich nachdenklich gemacht und ich hab mich entschlossen, mich gewerkschaftlich in der ver.di FilmUnion zu organisieren, um mich für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen.“


Ausklappen/Einklappen