Film & Fernsehen

Die beste Absicherung für Filmschaffende: "5statt12" oder "Schweizer Modell"?

BundesFilmVerband in ver.di - BFV fordert "5 statt Schweiz"

(Berlin, 7. Februar 2008) Die Diskussion über eine Möglichkeit für eine bessere soziale Absicherung von Film- und Kulturschaffenden zur Vermeidung von ALG II-Zeiten ist derzeit voll in Gang. Es ist durch unsere Arbeit - vor allem durch die laufende Aktion "5 statt 12" und unsere Umfrage unter den Filmschaffenden "Ausgeleuchtet" - gelungen, die verantwortlichen Politiker endlich zum Handeln zu bewegen.

Wir wollen heute noch einmal klar stellen, warum die Filmschaffenden in ver.di die Forderung "5 statt 12" verfolgen und nicht die Regelungen fordern, wie sie in der Schweiz angewendet werden.
Entscheidend ist in erster Linie, dass nun eine Verbesserung der gesetzlichen Lage geschaffen wird. Wie diese ausgestaltet wird, ist noch unklar. Die vorgeschlagenen Modelle sind qualitativ unterschiedlich geeignet, aber im Vergleich von "5 statt 12" und dem Schweizmodell, schneidet die Schweiz schlecht ab.

Noch mal zur Erinnerung: Es geht uns darum, dass auf Produktionsdauer befristetet beschäftigte Filmschaffende mit durchschnittlichen Beschäftigungsverläufen über einen Bezugszeitraum von zwei Jahren (Rahmenfrist) sozial so abgesichert sind, dass sie nicht in Hartz IV fallen bzw. zu ALG-II-Empfängern werden. Wir haben immer betont, dass auch das tariflich abgesicherte Zeitkonten-Modell nicht ausreicht, um eine solche Absicherung zu garantieren. Das hat einen ganz einfachen Grund: Selbst Filmschaffende mit durchschnittlichen Beschäftigungsverläufen, also diejenigen, die pro Jahr mit Zeitkonto (manchmal auch ohne) auf 180 Sozialversicherungstage (SV-Tage) kommen, und demnach in der zweijährigen Rahmenfrist die vom Gesetzgeber geforderten 360 SV-Tage erreichen, um einen Anspruch auf ALG I zu erhalten, sind von Hartz IV betroffen! Warum? Weil der Anspruch auf ALG I nur für sechs Monate besteht; das bedeutet für den genannten Betrachtungszeitraum der Rahmenfrist von zwei Jahren immer auch sechs Monate Hartz IV bzw. ALG II.

Die gesetzliche Regelung ist hier für die Filmschaffenden, da sie in einer stark
saisonalen Branche arbeiten, sehr fehlerhaft. Jemand, der die Voraussetzungen mit den 360 SV-Tagen (Beschäftigungszeit) in zwei Jahren erreicht, erhält zwar 180 Tage ALG I, ist aber für die restlichen 180 Tage von Hartz IV betroffen mit allen Konsequenzen (Vermittlung in andere Tätigkeiten, niedrige Rentenanwartschaften, Vermögens- und Altervorsorgeanrechnung etc.)

Das "Schweizmodell" klingt zunächst ansprechend, weil die ersten 30 Tage einer Produktion sozialversicherungsrechtlich doppelt gezählt werden. Wie diese Doppeltzählung in den Sozialversicherungssystemen umgesetzt werden könnte, ist vollkommen unklar. Zudem muss damit das Problem der o.g. sechs Monate Hartz IV gelöst werden. Es reicht demnach nicht aus, nur 180 SV-Tage pro Jahr bzw. 360 SV-Tage in zwei Jahren zu erreichen. Es müssen in der Rahmenfrist von zwei Jahren 480 SV-Tage erreicht werden, weil nur damit ein Anspruch auf 240 Tage (8 Monate) ALG I besteht. Nur in dieser Konstellation wäre eine soziale Absicherung über den Betrachtungszeitraum von zwei Jahren gegeben.

Das kann aber nur erreicht werden, wenn mindestens vier TV-Movie-Produktionen gearbeitet wird oder mehrere Produktionen genau so gearbeitet werden, dass pro Jahr eben mindestens 240 SV-Tage erreicht werden. Filmschaffende, die überwiegend in Kinoproduktionen oder Serienstaffeln arbeiten, können am "Schweizmodell" kaum partizipieren. Das "Schweizmodell" löst demnach das Gesamtproblem für die Filmschaffenden nicht. Umso mehr wundert es uns auch, warum ausgerechnet führende Vertreter der Berufsverbände noch immer am "Schweizmodell" festhalten.

Wir haben bereits in 2004 gefordert die Anwartschaftszeit für den Bezug von ALG I von 12 auf 5 Monate herab zu setzen. Dies ist einfach umzusetzen, weil wir an der entscheidenden Stelle nämlich der Beantragung von ALG I mit dieser Regelung ansetzen. Und es führt recht zuverlässig dazu, dass innerhalb der neuen Rahmenfrist von 24 Monaten bei durchschnittlicher Beschäftigung von Filmschaffenden keine anspruchslosen Bezugszeiten beim ALG I auftreten. Das heißt, die Filmschaffenden sollen in einem fortlaufenden 24-Monatszeitra um sozial so abgesichert sein, dass sie lediglich zwischen Zeiten der Beschäftigung und dem Bezug von ALG I wechseln. Zeiten des Bezugs von ALG II (Hartz IV) und deren dramatische Folgen wären damit fortan vermieden.

Ziel ist es in diesem Zusammenhang ebenfalls, über die Gruppe der Stabsbeschäftigten bei Filmproduktionen auch Schauspieler und Bedarfsbeschäftigte bei TV-Sendern, Studio- und AV-Dienstleistern in die Regelung einzubeziehen. Dies kann nur über die Steuerungsgröße der Anwartschaftszeit reguliert werden, da sich durch deren Herabsetzung automatisch häufiger die sechsmonatige Anspruchszeit zum Bezug von ALG I realisiert. Eine soziale Absicherung für Filmschaffende und andere Medien- und Kulturschaffende wäre somit erreicht.

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