Hohe Haftstrafe für Herstellungsleiter (MDR) und schwere Vorwürfe gegen NDR-Fernsehdirektor

(BFV-Newsletter 08/2011) Marco Kirchhof, der 44-jährige Ex-Herstellungsleiter des ARD/ZDF-Kinderkanals muss wegen Betrugs und Bestechlichkeit für fünf Jahre und drei Monate hinter Gitter.
Die 7. Große Strafkammer des Erfurter Landgerichts sieht es als erwiesen an, dass er von 2005 bis 2010 in 48 Fällen Scheinrechnungen in Höhe von 4,6 Millionen Euro zur Zahlung angewiesen hat, ohne dass der Sender eine Gegenleistung erhielt. Die Richter blieben im Urteil unter dem Antrag der Anklage. Die hatte sechs Jahre und acht Monate Haft gefordert. Doch das Geständnis und die Spielsucht des Angeklagten hätten strafmildernd gewirkt, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Schneider in der Begründung. Dennoch habe der Angeklagte sich die Taten „ausgedacht und über Jahre geschickt eingefädelt“. Mit der Kika-Weihnachtsfigur „Beutolomäus“ hatte alles angefangen. Marco K. schlug Fabian B von der Berliner Firma Kopp-Film vor, die Leistung ein zweites Mal abzurechnen. 40 Prozent des Geldes seien bei ihm geblieben, sagte der kaufmännische Geschäftsführer als Zeuge vor Gericht, 60 Prozent habe er dem Angeklagten gegeben. Während Fabian B. seine Firma damit retten wollte, verzockte Kirchhof die Millionen der Gebührenzahler. Zwei- bis dreimal wöchentlich habe er bis zu 5000 Euro eingesetzt, sagten Mitarbeiter des Erfurter Casinos in der Beweisaufnahme. Im Sender gab es immer wieder Hinweise auf Kirchhofs Leidenschaft, so ein Kika-Mitarbeiter als Zeuge.

Er habe mehrere Hinweise gegeben, aber alle hatten Angst, weil der Angeklagte eine große Machtfülle hatte. Ein Prüfer des ZDF erhob deshalb vor Gericht schwere Vorwürfe gegen den langjährigen Kika-Chef Frank Beckmann. Der heutige NDR-Fernsehdirektor erklärte in der Beweisaufnahme, er habe sich auf Kirchhof verlassen und keinen Anlass gehabt, an den Rechnungen zu zweifeln. In ihren Plädoyers gaben Kirchhofs Verteidiger dem MDR eine erhebliche Mitschuld an den Taten und hielten dreieinhalb Jahre Haft für ihren Mandanten für angemessen. Der MDR ist federführend für den Kika. Es habe faktisch kein Kontrollsystem gegeben, sagte Anwältin Doris Dierbach. Auch das Erfurter Casino hätte Kirchhof sperren müssen. „Es gab viele Stellen, die die Augen fest verschlossen hatten“, so die Verteidigerin.

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